top of page
  • Pia Steen

Test Tamron SP 150-600 f/5-6.3

Schon lange wollte ich ein Superteleobjektiv jenseits der 400mm haben. Aber der knackige Preis von Canons weißen Riesen hat mich immer abgeschreckt. 10.000 Euro oder mehr für ein Objektiv auszugeben ist mir einfach zu viel. Umso spannender fand ich es, als Tamron das SP 150-600 f/5-6.3 Di VC USD für ca. 1200 Euro UVP ankündigte. Auf einigen Umwegen konnte ich das Objektiv trotz Lieferschwierigkeiten vor einigen Monaten erwerben und an meiner Canon Eos 5D MK III testen.


Tamron150-600

Tamron SP 150-600 f/5-6.3 Di VC USD


Lieferumfang und Haptik

Der Lieferumfang fällt relativ spärlich aus. In der Verpackung befinden sich lediglich das Objektiv, der Objektivdeckel für vorne und hinten, die Gegenlichtblende und eine Stativschelle. Ein Objektivköcher oder ein Tragegurt fehlen leider. Immerhin gewährt Tamron fünf Jahre Garantie auf seine Objektive.

Bei einem Preis von ca. 1200 Euro war ich skeptisch wie die Verarbeitung ausfallen würde. Hebt man das Objektiv aus der Verpackung wird man positiv überrascht. Es macht einen stabilen und wertigen Eindruck. Nichts klappert oder wirkt unsauber verarbeitet. Auch die Stativschelle ist sehr schön gearbeitet und lässt sich anhand einer großen, griffigen Schraube gut und flüssig festziehen. Die Gegenlichtblende wirkt ohne den von Canon gewohnten samtigen Innenbereich etwas billig und dünn, sitzt aber gut am Objektiv. Mit knapp zwei Kilogramm ist das Tamron zwar kein Leichtgewicht, für ein Objektiv mit 600mm, Autofokus und Bildstabilisator aber durchaus vertretbar. Eingefahren kommt das Tele auf eine Länge von ca. 26 cm, ausgefahren auf rund 36, 5 cm. Arbeitet man mit Gegenlichtblende kommen 10 cm hinzu. Damit passt es eingefahren noch gut in einen Fotorucksack. Der Zoomring läuft weich und gleichmäßig. Auch wenn das Zoomen für mich etwas ungewohnt ist, da sich der Zoomring zum Ausfahren nach rechts und nicht wie ich es von Canon gewohnt bin nach links drehen lässt. Auch muss ich beim vollen Auszoomen nachfassen. Ich denke eine Schiebezoom wäre an dieser Stelle praktischer gewesen. Gerade wenn es schnell gehen muss, verliert man oft wichtige Sekunden durch das Nachfassen. Ist man mit dem Tamron an der Kamera in der Hand unterwegs, sollte man den Feststellknopf des Zooms auf 150mm betätigen. Die Linse fährt sonst gerne unfreiwillig komplett aus, was beim Laufen unhandlich werden kann.

Tamron150-600_2

Selbst an der klobigen 5D MKIII wirkt das Objektiv riesig


In der Praxis

Ich konnte nun schon einige Zeit mit dem SP 150-600 f/5-6.3 Di VC USD an meiner Canon 5D MK III fotografieren und bin sehr zufrieden. Der Bildstabilisator läuft zwar ungewohnt ruckartig an und braucht eine Sekunde bis er sich einpendelt, leistet dann aber sehr gute Dienste. Bei teureren Objektiven entfällt diese doch verzögerte „Anlaufphase“ des Stabilisators. Einen zweiten Schalter für den Bildstabilisator, wie man es von Canon-Objektiven gewohnt ist, gibt es beim Tamron nicht. Laut Tamron erkennt der Stabilisator automatisch „Mitzieher“ und gleicht so horizontale Bewegungen automatisch aus. In der Praxis konnte ich nichts Gegenteiliges feststellen.


Tamron 150-600

Basstölpel im Flug Iso 320 / 600mm / f 6,3 / 1/2000Sek freihand


Der Autofokus arbeitet leise und schnell an der 5D MK III. Probleme bei sich bewegenden Objekten konnte ich nicht feststellen. Zumindest habe ich nicht das Gefühl, dass der Autofokus im Vergleich zu meinem Canon 70-300L langsamer oder ungenauer arbeitet. Sicherlich ist er aber einer lichtstarken Festbrennweite unterlegen. Gerade wenn es dunkel wird.

Apropos lichtstark: Mit einer Lichtstärke von f5 oder f6,3 bei 600mm sollte man selbst tagsüber den ISO Wert etwas erhöhen, um bei bewegten Objekten vernünftige Verschlusszeiten zu erlangen. Mit einer recht rauscharmen Kamera wie der Canon 5D MK III ist das Fotografieren mit hohen ISO-Werten kein Problem.

Ein weiterer Pluspunkt ist die gute Naheinstellgrenze von 2,70 bei einem Abbildungsmaßstab von 1:5 bei 600mm. Das lässt auch das Makroherz höher schlagen. Wer verhindern möchte, dass der AF über den gesamten Bereich sein Ziel sucht, hat die Möglichkeit den Fokusbereich auf 15m bis Unendlich zu begrenzen. Damit lassen sich in bestimmten Situationen bessere Ergebnisse erzielen. Auch das manuelle Fokussieren funktioniert dank der Live View-Funktion meiner 5D MK III sehr gut. Der Fokusring läuft gleichmäßig und präzise.


Tamron 150-600

Selbst bei weit entfernten, sich schnell bewegenden Objekten trifft der AF sein Ziel ohne Probleme



Frauenschuh

Auch im Pflanzen-Wirrwarr trifft der Autofokus gut


Bei einem zwei Kilo Boliden empfiehlt es sich eher vom Stativ aus zu arbeiten. Lange kann ich den Riesen samt Kamera nicht ruhig in der Hand halten. Was mir besonders positiv auffällt ist, dass das Tamron auch komplett ausgefahren nicht allzu kopflastig ist. Selbst auf dem nicht allzu großen Novoflex Classicball 3 montiert hält das Schwergewicht dank der Stativschelle auch in Schräglage bombenfest und sackt nicht nach vorne ab.

Optische Qualität

In Foren wird viel diskutiert und verglichen. Es sollte jedem klar sein, dass man die Bildqualität des Tamron nicht mit einer Festbrennweite von Canon verglichen kann, wie es oft gemacht wird. Dieser Vergleich ist einfach unfair. Einen Golf mit einem Ferrari zu vergleichen und dann zu meckern, dass der Golf nicht so schnell fährt wie der Italiener, ist Schwachsinn. Das macht den Golf aber keineswegs zu einem schlechten Auto.

Ähnlich ist es beim Tamron SP 150-600 f/5-6.3 Di VC USD. Für ein Objektiv der Preisklasse von rund 1200 Euro ist die optische Qualität an der 5 D MK III sehr gut. Ich konnte zwischen 150mm und 500mm keinen Schärfeeinbruch feststellen. Generell kann die Schärfe zum Rand hin durch abblenden von 1-2 Blendenstufen vor allem bei 600mm verbessert werden. Die neun Blendenlammelen sorgen für ein weiches und ausgewogenes Bokeh, was mir besonders gut an dem Objektiv gefällt.


Basstölpel

Das ausgewogene Bokeh gefällt mir am Tamron besonders gut



Babyrobbe

Babyrobbe auf Helgoland Iso 320 / 600mm / f 6,3 / 1/1600 Sek


Der Kontrast könnte insgesamt etwas knackiger ausfallen, lässt sich aber in der Bildbearbeitung nachträglich einfach anpassen. Die Detailzeichnung, gerade bei Vögeln, ist in meinen Augen absolut in Ordnung. Auch hier darf man das Tamron nicht mit der teuren Konkurrenz der Festbrennweiten vergleichen, die natürlich mehr Zeichnung aufweisen. Chromatische Aberrationen konnte ich nicht übermäßig feststellen, ebenso keine auffällige oder störende Vignettierung.


Tamron 150-600

Die Federn kommen schön zur Geltung Iso 800 / 600mm / f 8 / 1/1250Sek



Crop

Ungeschärftes Crop bei 100%


Fazit

Tamron hat in meinen Augen mit dem SP 150-600 f/5-6.3 Di VC USD einen großen Wurf für ambitionierte Fotografen gelandet, die nicht mehrere tausend Euro für ein Teleobjektiv jenseits der 400mm ausgeben möchten. Die solide Verarbeitung, der präzise Autofokus und die hohe Brennweitenspanne von 150mm – 600mm machen das Tamron zu einem guten Allrounder mit toller Bildqualität und einem absolut fairen Preis. Da ist auch die etwas dünn geratene Gegenlichtblende und der anfangs leicht träge Bildstabilisator zu verkraften. Von mir gibt es daher eine klare Kaufempfehlung!

bottom of page