Es ist ein unglaublich heißer Sommertag. Im Tal hat es über 30° und die Sonne sticht regelrecht. Zum Glück gibt es hier und da ein paar Wolken, die wenigstens für einen Moment für etwas Abkühlung sorgen.
Unsere Rucksäcke sind voll beladen. Allein der Proviant wiegt schon mehrere Kilo, dazu die komplette Fotoausrüstung. Mein 80 l Rucksack ist gut gefüllt und wiegt sicher weit über 15 Kilo. Noch schlängelt sich der Weg flach entlang des Flusses und führt uns immer tiefer in das Tal hinein. Ein Teil der Strecke ist wegen der Unwetter im Frühling gesperrt und wir müssen einige extra Meter auf uns nehmen, um über den Fluss zu kommen. Nach den ersten Kilometern wird es steil. Immer schmaler schlängelt sich der Weg den Berg hinauf durch dichte Vegetation und knorrige Wälder. Der Wald und die Steilwände spenden zum Glück etwas Schatten, bevor wir die Baumgrenze erreichen und die Sonne gnadenlos auf uns runter brennt. Viel kühler ist es hier oben nicht. Der Pfad ist schmal und holprig, steinig und teilweise sehr abschüssig. Wir erhaschen immer wieder tolle Blicke auf den Gletscherschliff, der sich Kilometer lang in das Tal zieht. Nach einer Weile kommt uns ein Mountainbiker entgegen. Er trägt sein Fahrrad. Kein Wunder: der Weg ist schon zu Fuß beschwerlich genug, aber mit einem Mountainbike…? Er hatte sich im Weg geirrt und dachte, er könne hier radeln. Wir wünschen ihm einen guten und vor allen Dingen sicheren Abstieg. An einigen Stellen hatten wir die Hände gebraucht, um uns an den schroffen Felsen hoch zu ziehen. Wie das mit Mountainbike auf den Schultern möglich sein soll, bleibt uns ein Rätsel...
Der Weg zieht sich Kilometer lang oberhalb des Gletscherschliffs immer weiter. Irgendwann erkennt man gar keinen Weg mehr, es geht nur noch über Geröll und Steine hinauf. Kleine Wegmarkierungen auf den Felsen weisen uns den Weg. Wir müssen Pause machen, denn die Beine sind müde und die Kräfte lassen nach. Wir sind bereits seit Stunden unterwegs. Eine Pause tut gut. Wir genießen den Blick in die umliegenden Berge und auf den Gletscherschliff. Dazu gibts ein paar Gummibärchen und ein Kaltgetränk. Auf dem Weg treffen wir immer wieder Kletterer, die mit schweren Seilen bepackt sind. Sie staunen wegen unsere großen Rucksäcke…
Weiter führen uns die Wegmarkierungen über die schroffen Steine und ich habe das Gefühl, die Wanderung hört niemals auf. Jedes Mal, wenn wir denken, jetzt müssten wir die Hütte sehen, eröffnen sich nur weitere Geröllfelder vor uns. Nach und nach erhaschen wir aber auch Blicke auf die enormen Viertausender und die Gletscherarena. Ein Anblick, der uns ehrfürchtig werden lässt und uns schier die Sprache verschlägt.
Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit erkennen wir endlich die wohl ersehnte Hütte. Sie ist zum greifen nah, und dennoch führt uns der Pfad noch weit über eine Stunde durch die felsige, aber wunderschöne Landschaft. Es ist bereits früher Abend und wir sind todmüde, aber unglaublich glücklich nach über 6 Stunden angekommen zu sein. Wir sind die einzigen Nicht-Kletterer hier oben. Die Gespräche der anderen verlaufen darüber, welche Route sie morgen auf welchen der Viertausender steigen. Uns reicht es schon, dieses imposante Gebirge von der Hütte auf knapp 3000 Metern aus zu betrachten. Es ist ein Anblick, den ich in meinem Leben nicht vergessen werde. So wunderschön, dass uns die Tränen kommen.
Das Wetter ist durchwachsen und es ziehen immer wieder einige dunkle Wolken um die Berge herum. Zeit für ein stärkendes Mahl. Nach dem Abendessen legen wir uns für ein paar Stunden hin. Wirklich schlafen kann ich nicht. Mitten in der Nacht klingelt mein Wecker, denn die Milchstraße ruft. Wir krabbeln aus dem Bett und tasten uns den Weg vor bis zur Gletscherkante. Es ist erstaunlich warm selbst hier oben auf knapp 3000 m und mitten in der Nacht.
Ich mache einige Fotos von hier oben, bevor wir mit einem sehr steilen und nicht ganz ungefährlichem Abstieg beginnen. Ziel ist ein kleiner Gletschersee am Fuße einer der großen Berge. Es ist noch stockfinster und ich weiß nicht mal genau, wo dieser See liegt. So stochern wir etwas planlos in der dunklen Nacht umher, klettern über grobklotzige Felsen rauf und runter und rutschen steile Hänge hinab. Wir hören ein ohrenbetäubendes Rauschen und ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg zum See. Nach einer halben Stunde erkenne ich im Schein meiner Stirnlampe den kleinen Gletschersee und wir sind überglücklich, ihn gefunden zu haben. Wir machen es uns am See bequem und ich fange sofort das Fotografieren an, bevor es zu hell für die Milchstraße wird. Das Panoramas ist einfach atemberaubend. Es glitzern tausende Sterne am Himmel und der mühsame Auf- und Abstieg sind vergessen. Gletscherglück pur macht sich breit!
Langsam wird es hell und in der Hütte wartet das Frühstück auf uns. Nachdem wir uns gestärkt haben, machen wir uns an den langen Abstieg. Müde, aber mit unvergesslichen Eindrücken kommen wir wieder nach insgesamt fast 27 Stunden auf den Beinen an unserem Campingplatz an und lassen den Tag mit Raclette und einer kalten Dusche ausklingen.
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